Dazu muss zunächst ein mal definiert werden, was Fotografie eigentlich ist. Für mich ist es ein Stück (mehr oder weniger) reale Welt auf einen Film oder einen Kamerasensor zu bringen – eben die Realität zu bannen. Und zur Not noch die anschließende Entwicklung bzw. den Druck der Aufnahmen, damit man sie als Foto in den Händen hält. Damit sollte der Prozess „Ein Foto machen“ abgeschlossen sein. So war es „damals“ mit der analogen Kamera, und so ist es bis heute mit der digitalen Kamera geblieben.
Zumindest für mich, denn was sich heute „Fotograf“ titelt, macht weitaus mehr: Als Beispiel mal das berühmte Bild von Andreas G., der über den Rhein fotografierte und damit Millionen verdient hat. Hat er nur auf den Auslöser gedrückt und das war’s dann? Nein! Ohne sein Können negativ beurteilen oder in irgend einer Art und Weise angreifen zu wollen – er hatte „lediglich“ die Idee und hat vielleicht sogar noch selbst den Auslöser gedrückt. Aber die Landschaft gibt es so, wie sie heute als Foto in irgend einer Galerie hängt, definitiv nicht! Im Bild war nämlich eine störende Industrieanlage, mit der die Wirkung des fertigen Meisterwerks gar nicht möglich gewesen wäre. Diese Anlage wurde einfach weg retuschiert, und diese Arbeit hat nicht etwa der Fotograf selbst gemacht – nein: Es war ein Kollege am Computer. Ohne diesen Grafikdesigner wäre das Foto heute längst nicht so, wie es an der Wand hängt.
Also mir gefällt das Bild eigentlich, die Idee finde ich großartig – aber offen gesagt habe ich ein Problem damit, dass mir als Betrachter eine Fälschung präsentiert wird. Seit dem ich weiß, dass manipuliert wurde, bin ich enttäuscht von Andreas G.’s Arbeiten. Als ich zum ersten Mal vor einigen Jahren von ihm gehört hatte und seine Arbeiten sah, war ich begeistert, und Andreas G. wurde in gewisser Weise so eine Art Idol für mich. Seine Bilder hatten so etwas natürliches, echtes, reines, ehrliches – das alles fehlt mir jetzt, und ich würde keine Million für eines seiner Bilder ausgeben, selbst wenn ich zigfacher Multimilliardär wäre, denn ich fühle mich betrogen.
Es ist sicher nichts dagegen einzuwenden, dass ein Foto hier und da digital etwas nachbearbeitet wird. Aber tut es Not, dass man die gesamte Komposition manipuliert? Für mich ist das weniger Fotografie, sondern mehr Grafikdesign. Ich bin immer darauf bedacht die korrekten Kameraeinstellungen und die beste Perspektive für meine Fotos zu finden, damit das Ergebnis möglichst interessant aussieht. Geändert habe ich im Anschluss bei der Entwicklung am Computer immer nur Dinge wie Helligkeit, Kontrast, Weißabgleich, Farbton, Farbsättigung, sowie die Zeichnung der Schatten und Lichter. Und die Schärfe. Und zwar auf das gesamte Foto angewendet. Durch die HDR Nachbearbeitung gebe ich zum Teil Bildern den größtmöglichen Kontrastumfang, damit sie beim Betrachter genau den Wow-Effekt erzielen, den bei mir die realen Kompositionen ebenfalls erweckt haben, wodurch ich erst dazu verleitet wurde das Foto zu machen. Aber letzten Endes bleibt das Motiv das, was ich gesehen habe, und was tatsächlich existiert. Meine Fotos sind echt. Andreas G. ist Science Fiction!
So, das hat jetzt schon länger in mir gekocht, das musste mal raus. Ich finde es schade, wenn ich sehe, dass es heute kaum noch Fotos gibt, die ohne ausgiebige digitale Manipulation wirken. Warum muss nur jeder am Computer ein Science Fiction Foto basteln? Ist die reale Welt so öde, dass man sie digital manipulieren muss, damit sie ansehnlich wird? Sicher nicht! Vielleicht fehlt mir ja das Kunstverständnis für dieses Genre. Oder das Verständnis dafür, dass virtuelle Welten geschaffen werden, weil der Alltag in Wirklichkeit offenbar für viele Menschen nur wenig zu bieten hat, was sich lohnt im Original zu zeigen.
Oft sind Fotos heute in Wahrheit eigentlich nur noch Computergrafiken. Schade, finde ich.
Update: Hab‘ gerade erfahren, dass sich Andreas G. selbst als „Fotokünstler“ bezeichnet. Das ist schon treffender, als „Fotograf“.
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